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Meine Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit

Meine Gedanken zum Tag der Deutschen Einheit
Eine etwas längere Ausführung.
Der Tag der Deutschen Einheit jährt sich zum 32. Mal. Als Ostdeutsche – und das wird wenig überraschend sein, habe ich – wie sagt man es so schön eloquent – ein ‚ambivalentes Verhältnis‘ zu diesem Feiertag. Was meine ich damit? Natürlich freue ich mich, dass wir im geeinten Deutschland leben. In Frieden und in Freiheit. Daran erfreut sich jeder, der die DDR mal erlebt hat. Der Feiertag hat aber einen faden Beigeschmack.
Zum einen wegen der immer noch nicht hergestellten „gleichwertigen Lebensverhältnisse“ – die das Grundgesetz vorsieht. Als Ostdeutscher verdient man immer noch deutlich weniger als die Brüder und Schwester im Westen. Es fehlt immer noch die Repräsentanz in den Behörden (abseits von kleinen Symbolpolitiken). Im Osten leiden wir stärker an den Folgen der Sanktionspolitik (#Schwedt) oder generell stärker an den Folgen der Globalisierung. Es gibt immer noch viele Ungerechtigkeiten bei der Rente und in anderen gesellschaftlichen Feldern. Die Liste der Probleme könnte ich eigentlich lange fortführen. Geschenkt und vor allem: Das alles ist bereits bekannt und schon sehr oft wiederholt worden.
Ich will aber auch etwas anderes ansprechen – ich nenne es „unsichtbare Stigmatisierung“. Eine die sich nicht in Statistiken zeigt. Ich meine das schleichende Gefühl, dass man nicht so gerne hört, was wir im Osten denn eigentlich wollen. Wir sollen einfach das machen was entschieden wird. Oder noch besser – was „richtig“ ist. Klingt vertraut? Ja?
Gut. Man wird sofort einwerfen: Im Gegensatz zur DDR hätte man heute ja die Freiheit der Meinungsäußerung – wenn einem was nicht gefällt, kann man das immerhin ausdrücken. Das stimmt. Aber vor allem in den letzten Jahren haben wir doch die Erfahrung gemacht, dass diese Meinungsfreiheit gewisse „Grenzen“ hat. Man muss gründlich überlegen, welche Meinung man öffentlich vertritt. Sonst wird man ganz schnell in die „falsche Ecke“ gestellt und übelst diffamiert. Es finden sich dann auch schnell (westliche) Politiker, Journalisten bzw. allgemein die Meinungsmacher, die dann erklären, dass ‚wir im Osten‘ doch nicht so „Demokratie-affin“ sind oder noch nicht lange genug in der Demokratie leben, fast schon als wären wir im Osten irgendwie „demokratisch zurückgeblieben“. Und das wird immer dann erzählt, wenn Ostdeutschland vom erklärten „Richtig“ abweicht – was nicht selten passiert. Zudem kommt dann schnell noch ein Hauch von „Undankbarkeit“ dazu. Die Undankbarkeit der Ostdeutschen gegenüber dem Westen. Haben wir vor allem in der Migrationskrise zu oft gehört/gesehen.
Ich glaube, wenn jemand schnell begreift, dass einem Quatsch erzählt wird, dann sind das wir Ostdeutsche. Wir, die jahrelang Erfahrung mit einem Regime gemacht haben, das uns gerne Sachen erzählte und uns mit Druck in die richtige Bahn lenkte und keine abweichende Meinungen duldete. Diese Erfahrung macht uns regelrecht zu „Demokratie-Experten“. Vor allem wenn es darum geht Quatsch schnell zu erkennen und es als solchen klar zu benennen. Dafür braucht man keine großen Analysen und Faktechencker oder den richtigen Kontext. Dafür reicht sehr häufig der gesunde Menschenverstand. Deswegen gibt es auch im Osten eine durchaus stärkere Demonstrationskultur. Etwas was eigentlich in einer Demokratie gerne gesehen werden sollte. Stattdessen lässt die Bundesregierung keine Gelegenheit verstreichen – vor allem in diesen Zeiten – um die Demonstrationen schon im Vorfeld (!) ins „falsche“ bzw. „richtige“ Licht zu rücken. Wie bereits gesagt: Das kennen wir. Zu gut.
Ich bin aber optimistisch. Optimistisch, dass wir auch diesen Winter meistern werden. Auch wenn es heißen wird, dass wir durchaus öfter mal „spazieren“ gehen werden. Ich weiß ich werde es tun und ich werde da nicht allein sein.
Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir als geeintes Deutschland die Herausforderungen meistern können und auch werden. Auch wenn wir der Bundesregierung auch deutlich aufzeigen müssen, was wir als Volk denn so meinen oder was wir für den richtigen Weg halten! Denn auch deswegen feiern wir den Tag der Deutschen Einheit! Wir feiern uns – das geeinte deutsche Volk. Wir haben uns schon so oft bewiesen und werden es auch in Zukunft tun!
In diesem Sinne wünsche ich uns allen einen wunderschönen Tag der Deutschen Einheit!
Eure Ulrike
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Ulrike Schielke-Ziesing

Bundestagsabgeordnete

Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Nichts ist alternativlos.

Ulrike Schielke-Ziesing

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